Industrielle Inseln im Park

Stimmung in der regionalen Wirtschaft schäumt fast über

Creditreform-Umfrage

Die Laune in den mittelständischen Unternehmen in der Region ist so gut wie nie. In einer Umfrage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform erreicht der Stimmungsindikator einen Höchststand. „Es fehlen einem die Superlative, um die Lage zu beschreiben“, sagte Creditreform-Prokurist Armin Trojan bei der Vorstellung der Zahlen.

 

62,8 Prozent der Unternehmen in der Region Osnabrück, die sich an der Umfrage beteiligten, beurteilen ihre derzeitige Geschäftslage als sehr gut oder gut. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr und ein Allzeithoch. Bundesweit schwappt die Stimmung noch höher. Laut Creditreform sprechen 69,4 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland aktuell von einer guten bis sehr guten Geschäftslage. Traditionell bleibt die Stimmungskurve im Nordwesten Deutschlands leicht hinter der bundesweiten zurück. Rolf Unger, Geschäftsführender Gesellschafter von Creditreform Osnabrück/Nordhorn, findet in den Zahlen keine Erklärung für diese Zurückhaltung. „Ich glaube, das liegt an der Mentalität“, sagte Unger. „Die Menschen hier reden nicht so viel, sie machen lieber.“

 

Das trifft offenbar vor allem für die Grafschaft Bentheim und das südliche Emsland zu. Dort beurteilen atemberaubende 75,56 Prozent der Mittelständler ihre Geschäftslage als gut bis sehr gut. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr ein Sprung um 13 Prozentpunkte nach oben. Damit hängt die Region Nordhorn auch die Stimmungsindikatoren für Weser-Ems und Deutschland weit ab.


Boombranche Baugewerbe

Stimmungstreiber ist vor allem das Baugewerbe. 80 Prozent der befragten Betriebe aus der Baubranche sehen sich in einer guten bis sehr guten Lage. Auch Industrie und Dienstleistungssektor sind zufriedener als vor einem Jahr, nur im Handel ist die Laune etwas gedämpfter. Darin spiegele sich der Druck durch den wachsenden Online-Handel, so Trojan. Sichtbar wird dieser Effekt beim Blick auf die Umsatzentwicklung: Der Handel hat die meisten Verlierer. In keiner Branche gibt es mehr Unternehmen (13,8 Prozent), die im Vergleich zum Vorjahr an Umsatz eingebüßt haben.

 Das Baugewerbe ist der Stimmungstreiber. Nie zuvor beurteilten die Unternehmen in der Region Osnabrück/Nordhorn/Lingen ihre Lage besser. Foto: Jörn Martens

 

Die Gewinne sprudeln: 85 Prozent der Unternehmen in der Region Osnabrück melden für 2017 gleichbeliebende oder steigende Erträge. Von sinkenden Erträgen sind nur 15 Prozent der Betriebe betroffen, das sind 1,4 Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr. Auch beim Gewinn ist die Region Nordhorn/Lingen davongaloppiert. Dort freuen sich 88,4 Prozent der Unternehmer über steigende Gewinne, nur 9,1 Prozent müssen beim Ertrag einen Rückgang verkraften. Besonders gut verdient die Industrie. Das Baugewerbe muss wegen höherer Kosten für Material und Vorleistungen Abstriche bei der Gewinnmarge machen.


Handel unter Druck

Der Anteil der Handelsunternehmen, deren Gewinne im Vergleich zu 2016 gesunken sind, stieg von 13,7 auf 15,7 Prozent. „Im Handel blutet jeder sechste“, heißt es in der Creditreform-Umfrage. Auch beim Blick in die Zukunft hält der Handel Abstand zu den anderen Branchen. Während Unternehmen aus Industrie, Dienstleistungs- und Baugewerbe auf breiter Front mit wachsenden Umsätzen und Gewinnen rechnen, spreizt sich der Handel. Ein Drittel zählt sich zu den Gewinnern, jeder Sechste aber geht von sinkenden Erträgen im kommenden Jahr aus.

Die meisten Unternehmen nutzen die gute Lage, um ihr Eigenkapital zu stärken. Die Investitionsbereitschaft ist hoch. Die Hälfte der befragten Unternehmen in Weser-Ems will im kommenden Jahr die Kapazitäten erweitern oder die Digitalisierung vorantreiben. Allerdings: Es fehlt an Fachkräften. Und daher konzentrieren sich die politischen Forderungen der Unternehmen neben dem Bürokratieabbau auf den Bildungsbereich: Die Politik müsse die duale Ausbildung stärken. Viele Unternehmen würden gern mehr ausbilden, fänden aber keine geeigneten Bewerber, heißt es in der Studie. Das treffe vor allem das Baugewerbe. Die Unternehmen versuchten, mit finanziellen Anreizen und flexibleren Arbeitszeiten Fachkräfte zu finden und zu binden.

 

Creditreform führt die repräsentative Datenerhebung seit 2008 jeweils zwei Mal jährlich im Frühjahr und Herbst im Wirtschaftsraum Weser-Ems durch. Dieses Mal antworteten 1349 Unternehmen, so viel wie nie zuvor.

 

Der Artikel erschien zuerst im Online-Angebot der Osnabrücker Zeitung und ist hier abrufbar.