Industrielle Inseln im Park

Tradition und Innovation

Der Lingener Unternehmer Hendrik Kampmann bewegt viel

Hendrik Kampmann freut sich, als ich ihn auf den Lingener Verein „Die Kivelinge“ anspreche. „Ich war früher selber Kiveling“, sagt er stolz. 1372 verteidigten die jungen, unverheirateten Söhne der Stadt ihre Heimat bei Kämpfen zwischen dem Grafen von Tecklenburg und dem Bischof von Münster. Die Lingener Festung konnte nur dank ihrer Unterstützung gehalten werden, die bereits stark dezimierte männliche Bevölkerung hätte die Wälle alleine aufgeben müssen. Durch ihren mutigen Einsatz erlangte die Lingener Jugend das Recht, das „Fest der Kivelinge“ zu feiern. Die Bezeichnung „Kiveling“ ist vermutlich die Verniedlichungsform des mittelniederdeutschen Worts „kieven“, was soviel wie kämpfen oder streiten bedeutet. Seit den 90er Jahren stellen die „kleinen Kämpfer“ das mittelalterliche Leben während des alle drei Jahre stattfindenden Festes so authentisch wie möglich dar. Heute ist Hendrik Kampmann Schriftführer des Fördervereins der Kivelinge e. V. und berichtet von dem Gerücht, dass sich einige Lingener Junggesellen auch heute noch mehr Zeit als nötig bis zur Heirat lassen – denn mit der Heirat endet automatisch die Zeit als Kiveling.

 

Heimatverbundenheit und Tradition ist den Lingenern wichtig. Doch genauso richten sie ihren Blick in die Zukunft: Schon Ende der 80er Jahre gründeten Unternehmer aus der Region eine der ersten Berufsakademien Niedersachsens. Seit 2010 studieren die dualen Studenten der Region am Lingener Hochschul-Campus, am Institut für Duale Studien (IDS). Das Institut ging aus dem Zusammenschluss der Berufsakademie mit der Hochschule Osnabrück hervor. Hendrik
Kampmann war bis vor wenigen Wochen Vorsitzender des BA-Emsland e.V. Der Verein ist das Bindeglied zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. „Ausbildungswünsche der Unternehmen bündeln wir durch die Arbeit des Vereins. Meine Aufgabe als Vorsitzender war es, diese Wünsche an das IDS heranzutragen“, erklärt Kampmann. „Außerdem überreichte ich den Absolventen ihre Zeugnisse. Das machte mir jedes Jahr eine Menge Spaß – und dauerte bei mittlerweile 170 Absolventen etwas länger als früher."

 

Hendrik Kampmann hilft die einzigartigen Traditionen der Stadt Lingen zu bewahren und setzt sich für eine akademische Ausbildung vor Ort ein. Doch in erster Linie ist er Unternehmer. Der 43-jährige Diplom-Kaufmann ist heute alleiniger Geschäftsführer der Kampmann GmbH. „Schon als Kind war ich ständig im Unternehmen“, erinnert er sich, „eigentlich arbeite ich schon immer hier.“ Die Kampmann GmbH beschäftigt insgesamt 720 Mitarbeiter und produziert mit 500 Mitarbeitern am Hauptsitz in Lingen. Zwei weitere Produktionsstandorte befinden sich in Gräfenhainichen, in Sachsen-Anhalt, und im polnischen Łęczyca.

 

Kampmanns Angebot umfasst Lösungen rund um die Themen Heizung, Kühlung und Lüftung. Seit 2008 forscht das Unternehmen in Lingen im hauseigenen Forschung & Entwicklung Centrum (FEC). 4 Millionen Euro investierte Kampmann in den Neubau der Einrichtung. „Das FEC ist enorm wichtig für uns. Hier findet Grundlagenforschung statt und es entstehen neue Produkte.“ Kampmann bietet zusätzlich Studenten die Möglichkeit ihre Abschlussarbeit im FEC zu schreiben. „Außerdem kommen Kunden sogar aus dem Ausland nach Lingen, um in unserem FEC Produkte testen zu können“, sagt Kampmann.

 

Der Leiter des Instituts für Duale Studiengänge, Wolfgang Arens-Fischer, lobt den persönlichen Einsatz Hendrik Kampmanns bei der Zusammenarbeit zwischen Industrie und Wirtschaft: „Einmal im Jahr besuchen unsere Studierenden das FEC. Sie erhalten so wichtige Einblicke in industrienahe Forschung.“ Die Mitarbeiter des FEC bereiten für den Besuch der Studenten Versuchsaufbauten vor, an denen Forschung wie sie die Industrie betreibt vorgestellt wird. Der Professor bescheinigt Hendrik Kampmann „echte Expertise“ und nennt ihn „einen festen Bestandteil des IDS“.

 

Breit angelegte Forschung und Entwicklung stärkt die Bekanntheit des Unternehmens in der Region. Um Arbeitsplätze in Lingen zu sichern, kommuniziert das Unternehmen jedoch weit über regionale Grenzen hinweg: Im Kampmann Kampus werden Mitarbeiter geschult und Seminare für Kunden gehalten. Kampus-Veranstaltungen bietet das Unternehmen auch als besondere Attraktion in Fußballstadien in ganz Deutschland an. Kunden verlassen ihr gewohntes Umfeld, ihre Aufmerksamkeit wird geschärft und Fußballstadien verfügen über Technik, die ideal als Beispiel bei der Wissensvermittlung dienen kann.

 

Laut letztem Zensus ist Lingen die einzige niedersächsische Stadt mit 50.000 Einwohnern die wächst. „Die guten Voraussetzung der Region Mitarbeiter zu binden und zu gewinnen ergänzen wir durch flexible Arbeitszeiten, Teilzeit-Modelle und Home-Office-Angebote“, erklärt Hendrik Kampmann. „So konnten wir in der Vergangenheit immer wieder am Standort wachsen und werden das sicher auch in Zukunft tun.“